Stellungnahme des KiJuRa für den Erhalt des Jugendhauses Dr. K

Das Külzhaus ist seit Jahrzehnten ein Ort der Begegnung, Kunst und Jugend. Verschiedene Generationen von Jugendlichen und Musiker haben hier einen Ort der Zuflucht und Kreativität gefunden. Für viele bedeutete das Dr. K aber auch den Einstieg in das gesellschaftlich aktive Leben. Verschiedene Workshops und Vereinigungen, wie z.B. der Alternative Mädchentreff, werfen ein Licht auf die gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit, die häufig Überbleibsel der deutschen Vergangenheit sind. Die direkte Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen und der Austausch über diese sind Voraussetzung dafür, dass jemals politischer Wandel erfolgt. Gerade die Jugend muss sich darüber im Klaren sein. Das Dr. K hat Räume für junge Menschen geschaffen, nicht nur aus Schwerin, sondern aus ganz MV, die Lust hatten sich demokratisch zu bilden und Initiative zu ergreifen. So wurde sich dieses Jahr beispielsweise mit den bürokratischen Gegebenheiten unserer Demokratie auseinandergesetzt und die Jugendlichen mit dem Workshop „How to Antrag stellen“ befähigt sich auf diese Weise in unsere Demokratie einzubringen. Dass es Möglichkeiten gibt, sich jenseits von Parteien und parteilichen Jugendorganisationen einzusetzen, wissen viele Jugendliche leider einfach nicht. Zugleich sind gerade diese Jugendlichen häufig noch nicht bereit sich einer Partei zuzuschreiben. Wegen fehlendem politischen Wissen oder Aktualität und daraus folgenden Selbstzweifeln, ob man überhaupt in der Lage wäre sich zu engagieren, aber auch aufgrund der immer weiterverbreiteten, wenn auch fälschlichen, Auffassung der Parteien als eine Form der Elite. Auch aufgrund einer Verunsicherung durch die überwiegend negative Berichterstattung gegenüber jeglichen Parteien und der globalen politischen Instabilität unserer Zeit, sind besonders Jugendliche aus unpolitischen Elternhäusern nicht bereit sich parteilich zu organisieren.

Dieses Gefühl der Unsicherheit und Fehlrepräsentation, aber zugleich der Wille sich selbst einzubringen und etwas zu verändern, machen anfällig für Populismus und Extremismus. Gerade diese politischen Strömungen werden derzeit durch die sozialen Netzwerke wie Instagram, Tiktok usw. befeuert. Die Jugend spaltet sich zunehmend in zwei gegenüberstehende Seiten. Und hier setzen Orte wie das Dr. K an. Räume für Jugendliche jeglicher politischer Ausrichtung, in denen persönliche Begegnungen und Diskussionen stattfinden, in denen man Demokratie und demokratische Prozesse wie z.B. durch die U18-Wahl kennen und lieben lernt. Orte, an denen sich Jugendliche fernab von schulischem Gruppen- und Leistungsdruck bilden können und fragen können, was immer sie wollen, ein Zusammensein von Menschen, die für unsere Gesellschaftsform brennen und für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Unterstützung einstehen. Man beginnt über diese Auseinandersetzung zu lernen, dass es eben nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern dass unsere Ansichten vielfältig und verschieden sind.

Über die Corona-Pandemie ist der Betrieb im Haus und die Bekanntheit des Hauses zugegebenermaßen gesunken. Dazu kam die Insolvenz des ehemaligen Trägers des KiJuRas, weshalb ein großer Teil der Arbeit des Gremiums sich im letzten Jahr darauf fokussieren musste sich selbst in Stand zu halten, bevor dieses Problem angegangen werden konnte. Zurzeit, nachdem wir einige neue Mitglieder rekrutieren konnten, werden allerdings neue öffentliche und regelmäßige Events für Jugendliche, wie z.B. ein regelmäßiger Spieleabend, der auch mit verschiedenen Diskussionen verbunden werden soll, geplant. So sollen die Jugendlichen einen emotionalen Draht zum Haus selbst aufbauen und das Dr. K langsam wieder zu dem Safer Space werden, der es einmal war. Würde das Dr. K verkauft werden, würde die Arbeit unseres Gremiums erneut durch organisatorische Probleme verhindert. Ein neuen Standort für den KiJuRa einzurichten, erneut daran zu arbeiten, die Schweriner Jugend auf uns und unseren Tagungsort aufmerksam zu machen und zukünftig Orte für Veranstaltungen zu finden, wird ein immenser Organisations- und Zeitaufwand und wenn man bedenkt, dass ein Großteil unserer Mitglieder Schülerinnen und Schüler sind, die diese Arbeit, häufig parallel zu ihrem Schulabschluss, auf ehrenamtlicher Basis leisten, könnte es alles, was wir uns nach diesem „Krisenjahren“ aufgebaut haben wieder zunichtemachen. Solange das Külzhaus als Begegnungsstätte erhalten bleibt, haben wir nichts dagegen, dass auch Angebote für andere Altersgruppen stattfinden, doch der Schwerpunkt sollte eindeutig bei Kindern und Jugendlichen bleiben.

Und nicht nur wir sind im Dr. K angesiedelt. Alle Projekte, die hier ihre Räumlichkeiten gefunden haben, werden von Menschen mit einem großen und offenen Gemeinschaftssinn, Aufopferungsbereitschaft und mit viel Herz getragen. Die Hausgemeinschaft unterstützt sich gegenseitig, wenn Hilfe gebraucht wird. Abgesehen davon ist das Külzhaus die perfekte Lage für einen Begegnungsort, wie oben beschrieben, da wir in der Innenstadt zu wenig Orte für Jugendliche mit entsprechenden Angeboten haben. Das Komplex ist zwar ein Ort der politischen Begegnung, aber das Selbstverständnis ist, wie auch immer man dazu steht, alles andere als neutral.

Da das Dr. K direkt am Platz der Freiheit gelegen ist und wortwörtlich einen Meter neben der Eingangstür eine Bushaltestelle ist, kann mit diesem Ort, nicht nur ein freier Ort für Jugendliche in der Innenstadt, sondern auch ein Begegnungsort für Jugendliche aus allen Stadtteilen Schwerins werden. Das wäre angesichts der herrschenden Segregation in Schwerin, die mit starken Vorurteilen gegenüber jeglicher „Seiten“ einhergeht eine Bereicherung. Wenn Jugendliche der Stadt, die auf dem Dreesch wohnen, zu unserem Stand am Tag der deutschen Einheit kommen und uns sagen, dass sie sich an ihrem Gymnasium nicht trauen zu sagen wo sie wohnen, haben wir ein massives Problem. Jeder Ort, der gegen diese Teilung unserer Schweriner Gemeinschaft wirkt, ist ein guter Ort und sollte dementsprechend gefördert werden. Auch über diese Probleme kann im Dr. K als Begegnungsort auf Augenhöhe diskutiert werden und Lösungen ausgearbeitet werden. Von Jugendlichen für Jugendliche. Diese Entwicklung braucht allerdings Zeit.

Das Haus nach 84 Jahren zu verkaufen und private Wohnungen daraus machen zu lassen, würde nicht nur all diese Pläne und all die Arbeit die in das Haus geflossen ist zerstören, es wäre ein Rückschritt für die Schweriner Jugend. Wer kann uns garantieren, dass das Geld für Jugendliche genutzt werden würde, und inwiefern hätten wir Jugendliche überhaupt einen Einfluss darauf?

Wenn Sie für diesen Antrag stimmen, verkaufen Sie das Vertrauen der Jugend und verlieren eine weitere Demokratiestütze für eine Geldsumme, die laut Stellungnahme der Stadtverwaltung „[keinen] spürbaren haushaltsverbessernden Effekt der Haushaltsfolgejahre“ hätte.

Ist es das wirklich wert?

Wir sagen- Nein.

KiJuRa Schwerin